Krimis sind doof, Teil 2

Ich schaue mir keine Krimis an, weil ich dieses ganze Genre abgedroschen, langweilig und stereotyp finde. Das habe ich hier schon mal geschrieben. Vor allem die absolut unverzichtbare Präsenz von Leichen geht mir sowas von auf den Wecker, als ob es nur Morde geben würde und alle anderen Formen von Kriminalfällen Bagatellen wären.

Vielleicht sollten sich mal Soziologen daran machen, die Rolle von Krimis bei der Herausbildung von gesellschaftlichen Trends zu analysieren. Wenn diese ganzen nervigen Kommissarinnen  und Kommissare dauernd gehypt werden, dann werden bestimmt die Werthaltungen mit vermittelt, die subtil zum Ausdruck gebracht werden.

Wie die aktuelle Puritanisierung der Gesellschaft vorangetrieben wird, kann man anhand von Krimis auch gut beobachten. Wenn ich auf Spiegel online schon Artikel wie diesen lese, kommt mir echt die Krise. Wenn Erotik oder Sexualität ins Spiel kommt, heißt das bei diesen Krimis:

Sexarbeit = Rotlichtmilieu, kriminell, Menschenhandel, Zwangsprostitution, üble Zuhälter bringen minderjähriges Mädchen um, Kommissarin ermittelt erfolgreich. Sexarbeit = kriminell.  

Pädophilie darf nicht fehlen, auch da ermittelt Kommissarin Sonstwer und findet die pädophilen Kinderkiller. Pädophile lauern überall. Schauen Sie sich doch mal um.  

Und jetzt auch noch das, diese ewig nervenden Kommissare ermitteln im Sado-Maso-Milieu, das durch „50 Shades of Grey“ ins Gespräch kam, und natürlich: sowas abartiges, wer das macht – wie furchtbar – da kommt dann der brutale Sadist und killt die naive Frau.

Da sekundiert Spiegel online natürlich sofort: „Die Leipziger „Tatort“-Episode „Für immer Frühstück“ hätte leicht ein plakativer Film über den angeblichen Trend zum SM werden können. Ein Themenstück über die neue Sehnsucht der Frauen nach der Freiheit in der Unterwerfung, unterlegt mit flottem Lederquietschen, Fesselklirren und Peitschenknallen. Das ist es zum Glück aber nicht geworden.“ Nein, sowas Abartiges muss böse enden: „Eine der drei Frauen wird am Ende einer Nacht nackt und tot am Straßenrand gefunden; die Leiche weist Spuren sexueller Gewalt auf, in ihrer Vagina steckt eine Fussfessel aus rosa Leder.“

Und die Moral von der Geschichte: wer sexuell aus der Reihe tanzt, endet nackt und tot im Straßengraben.

Zutiefst konservativer prüder Mist. Fälle wie diese können natürlich vorkommen. Aber die Botschaft, die diese Krimis transportieren, ist auch klar: alle, die sexuell aus der Reihe tanzen, sind abartig und entweder Mörder oder Opfer. Passt voll in den Merkelismus, die Chloroformisierung der Gesellschaft, den Trend zur Prüderie.

Nur die Homosexuellen bleiben noch verschont. Es gibt einfach zu viele von ihnen unter den Funktionsträgern der Merkel-Republik. Noch. Das kann sich schnell ändern. Ein Blick in die Nachbarländer genügt.

So was ist reaktionäre Scheiße. Man könnte auch Krimis (ohne Leichen) machen über Politikerinnen, die mit Nacktfotos erpresst werden, oder über steuerhinterziehende Moralapostelinnen, über Polizeirepression gegen friedliche selbstbestimmt arbeitende Sexarbeiterinnen, und so weiter. Der Kommissar, der regelmäßig umsonst im Bordell bedient wird, weil er sonst eine Razzia machen lässt (ist so etwas dann Zwangsprostitution?). 

Das wäre dann wenigstens keine reaktionär-konservative Botschaft, sondern eine freiheitlich-progressive. Also eine unerwünschte. Aber man könnte auch aufhören, Krimis zu machen oder sich anzusehen. Weil es besseres gibt, seine kostbare Lebenszeit zu verbringen als mit solchen Stories.

 heavymetaljacketbythemsfits3

Bringt er mich um, oder ich ihn? Mal sehen, wer schneller ist…

 

Über sunflower22a

I am a mystery.
Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Ladies (and gentlemen) abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten zu Krimis sind doof, Teil 2

  1. Shhhhh schreibt:

    Krimis sind nicht doof, sie sind inflationär, und das ist langweilig. Aber auch Talkshows waren einmal inflationär, dann Gerichtsshows, dann gescriptete, sogenannte Reality-Formate, irgendwas ist immer. Die einzige Möglichkeit, sich darüber nicht aufzuregen, ist, sich dem einfach zu entziehen, indem der Fernseher aus bleibt. Den Tatort heute Abend schaue ich mir aber trotzdem an, ich sehe ja sonst keine Krimis.
    Und zu: „Man könnte auch Krimis (ohne Leichen) machen…“, man könnte auch Zeitungen drucken, die nur gute Nachrichten beinhalten…

  2. waswegmuss schreibt:

    Lass doch dem deutschen Michel seine allwöchentlich stattfindende Schauderstunde aus der großen Stadt. Montags muss er wieder früh auf der Matte stehen sonst sind die Angebote bei Aldi & Co. vergriffen.

  3. kalypso schreibt:

    moin,

    es gibt hervorragende krimis und psychothriller!
    ich lad` dich mal zu mir und meiner dvd-sammlung ein……….da gehts dann ab 🙂

    einen schönen wochenanfang!

  4. Johannes schreibt:

    Krimis mit komplexen Storys, die meist eine Romanvorlage haben, sind weit besser recherchiert und faszinieren mich eher. Aber dieser ganze Drehbuchschrott ist so oberflächlich, schnell und günstig durch den Produktionswolf gedreht sowie langweilig, dass es eine Beleidigung gegen mich selbst wäre, dafür Lebenszeit zu verschwenden. Die meisten Drehbuchautoren erfassen einfach die wirklich grossen Probleme unsere Zeit nicht, die man verarbeiten könnte, also sprich die ganze Wirtschaftskriminalität, Banken, Politik, Rohstoffhandel etc., aber dann würden ja auch die Zuschauer irgendwann mal aufwachen.

Hinterlasse einen Kommentar