Gewalt, Gewalt, Gewalt. Wo du hinsiehst, Gewalt. Orlando, ein Wahnsinniger bringt in einem Schwulenclub 50 Leute um. Die blöde Fußballmeisterschaft entwickelt sich zur Hooligan-Meisterschaft. In München überfallen 5 jugendliche Männer eine Frau in ihrer Wohnung und machen eine Massenvergewaltigung. Sie lebt noch, aber ihr altes Leben wird sie nie wieder zurückbekommen. Britische Abgeordnete auf offener Straße erschossen. Nur einige wenige Meldungen der letzten Tage. Es ist furchtbar.
Wenn ich die Medien ausblende, dann kann ich glauben, mein Leben ist friedlich. Aber man kann die Medien nicht ausblenden. Wird unsere Zeit wirklich immer gewaltbereiter, brutaler? Oder ist es nur ein Medienhype?
Nein, ich glaube nicht dass es ist nur ein Medienhype . Wir leben in Gesellschaften, deren Kultur und Politik Hass, Rücksichtslosigkeit, Egoismus, Ausgrenzung züchten. Rücksichtslosigkeit lohnt sich. Sie wird vorgelebt von Eliten, deren einzige Maxime Selbstbedienung und –bereicherung zu sein scheint. Neoliberale Politik erzeugt Ausgegrenzte und Verlierer, die sich wehren müssen, weil sie sonst nicht gehört werden. Religion und Nationalismus sind en vogue, weil sie bieten Halt in einer Zeit, in der es keinen Halt mehr gibt. Religion und Nationalismus sind immer sehr nahe bei Hass und Chauvinismus. Verunsicherte Männer, gesellschaftliche Verlierer haben zusätzlich noch das Ventil des Macho-Chauvinismus. Erniedrige eine Frau, und du bist nicht mehr ganz unten. So easy.
Man kann lange darüber philosophieren, was zu all dieser Brutalisierung zivilisierter Gesellschaften geführt hat. Eine Kulturindustrie, die Mord und Gewalt in fast jedem Film zelebriert, in Deutschland auch noch öffentlich-rechtlich gefördert. Tatort, eine Serienshow von Mord und Gewalt. Computer Games, bei denen es nur um Totschießen geht.
Als Muhammad Ali starb, wurde mir sehr deutlich, wie degeneriert die heutige Zeit ist. Der Boxer Ali verweigerte den Kriegsdienst, weil seine Religion, der Islam, eine Religion des Friedens sei. Heute ist der Islam eine Religion des Krieges, und sehr viele andere Religionen auch.
Man kann auch lange philosophieren, was dagegen zu tun ist. Ich bin überzeugt, man muss sehr viel dagegen tun, das hilflose Wegsehen ist ein anderes Wort für tatenlos zusehen. „The only thing necessary for the triumph of evil is for good men to do nothing“. Edmund Burke hat sehr recht. So many men and women do nothing.
Aber was tun? Doing something can be such a challenge. Letzte Woche stand ich in der U-Bahn, neben mir drei junge Männer mit sächsischem Tonfall, die sich laut über “Ausländer als Viehzeug” äußern. Ja, am liebsten hätte ich sie angegiftet. Aber es war mir zu gefährlich. Daneben standen junge Türken, stellten sich taub. Alle stellten sich taub.
Seitdem quält mich die Frage, was wäre, wenn ich was gesagt hätte, und sie mich angegriffen hätten. Wenn es mir so gegangen wäre wie Leonie-Rachel, eine Modebloggerin aus Wien (lesenswerter Blog!) die grundlos zusammengeschlagen wurde, unter den teilnahmslosen Blicken Herumstehender:
Die größte Frage, die sich für mich aufgeworfen hat, war nicht, wieso er das tat, sondern wieso mir niemand half? Ich war nicht alleine. Ich war umgeben von Menschen. Starken Männern, wenn man sie so nenne will. Obwohl sie sich von ihrer schwächsten Seite zeigten. Denn jemanden der offensichtlich in Not steckt, nicht zu helfen, nicht ein Wort zu sagen, ist einfach schockierend.
Okay, ich habe schon Selbstverteidigungskurse besucht. Was das im Ernstfall bringt, keine Ahnung. Gegen eine Gruppe hast du sowieso keine Chance. Wenn dich 10 Typen umkreisen wie in der Kölner Silvester-Nacht, du hast keine Chance.
Ich bin nachdenklich geworden. Wer schützt mich? Nein, keine Leute die herumstehen. Der Staat auch nicht. Gewalt in Deutschland, es ist ein Kavaliersdelikt. Zuwenig Polizei, weil zu teuer. Freisprüche, Bewährungsstrafen, vorzeitige Entlassungen, das ist der Normalfall. Abgeschreckt werden die Opfer, nicht die Täter.
Soll ich mich bewaffnen? Ich, ausgerechnet ich? Ich denke jetzt viel nach über einen Blog, von Gina Luttrell. Sie hat meine Sichtweise über gun control geändert.
In America, du wirst nur geschützt wenn du weiß und reich bist. Die Polizei kommt wenn du sie brauchst, auf harte Strafen vor dem Gericht für die Täter kannst du dich meistens verlassen. Aber: Wenn du arm, black, hispanic bist, die Polizei interessiert sich nicht für dich, und wenn sie sich für dich interessiert, ist es eine sehr schlechte Nachricht. Denn sie ist nicht dein Freund und Helfer, sie ist dein Feind.
Gina schreibt es sehr drastisch. Sie muss leider umziehen.
I said in therapy the other night that living in this building, in these apartments, is the first time I remember feeling wholly and completely safe in my home. Where I’m not lying awake 2-3 nights a week, analyzing creaks in the place to see if someone’s gotten in. Where I don’t wake up in the middle of the night because I can’t hear my father snoring anymore, thinking he’s been killed and that person is coming for me. Where I can exit my apartment and take the trash out without being terrified that in the 2 minutes I’m outside, someone might hurt me. Where I’m reasonably certain that if I call the police, they will actually come.
It costs a lot of money to live in this building.
I have never owned a gun myself. I don’t like them and have never liked them. They’re loud and dangerous and too much effort to keep up with. But I have slept with a knife by my bed. More times than I can count. I have had my father show me where our rifles were, show me how to get to them quickly, load them, and shoot them—just in case. As a kid, I thought it was normal to be afraid at night, but that fear has never quite left me. I’m acutely, personally aware of how dangerous the world can be.
And look, folks. I’m white. No matter what other parts of my life may be lacking in privilege, the fact that I’m white will always afford me protection. Will always trump everything else. I didn’t know that then, but I do know that now. Can you imagine, if some little white girl grows up feeling this afraid, how scared and helpless people who aren’t white feel? Who don’t pass as cisgender or straight? Whose politics and fight for equality puts them in danger from the police or worse? Who legitimately fear for their lives from the state?
Somehow, in all this, middle class liberals who have comfort of protection from a white supremacist state want the rest of us to be disarmed by that state. Their petitions and lobbying did not save my life. I saved my life through my own training and preparation. My life needed saving from people they hate who were being helped by the people that protect them because I putting it on the line for values and ideas they espouse. They can go back to their guarded gated communities and watch the rest of us earn, win, and live our own just society and decent lives.”
Gun control advocacy loses its teeth for me when it’s advocated for by people who are protected by the state. And that is largely who I see talking about this. So let me be blunt. If you’re white and middle class, I don’t want to hear you scoff about danger from the government as if that’s not a reality. If you’re white and middle class, I don’t want to hear crap about the fine lines between different kinds of guns we should and should not allow, as if that wasn’t some kind of slippery slope we’re all going to fall down until no one but the police have firearms. If you’re white and middle class, I especially don’t want to hear you talk about how people should be using the police.
Basically, if you’re white and middle class, I don’t give a shit about your opinion on guns.
Take a step back and think about how your position in the world influences your opinion and what kinds of information and experience you don’t have. Adjust your image of gun owners away from rednecks with shotguns to see the broader scope of people with firearms. Call out bad gun ownership, yes. Call out how toxic masculinity factors into a lot of white gun culture, yes. But don’t forget also to do research on how important armed means of self defense has been to guaranteeing rights and basic safety for marginalized communities in our country’s history—and today.
That was a long quote, yes, I know, too long. But it hit a nerve in me. Because I begin to feel like Gina. The liberal German state won’t do anything for me. As a matter of principle, because you Germans think jailing violent offenders is a cruel inhumane act. You don’t care about the people scared to death by these violent men.
I know I feel doom and gloom now. It’s gonna get better, no doubt.
But the future prospect of living in a Germany that is no longer relatively prosperous but in deep economic recession starts to worry me, not because of the recession but because of the brutality that this will cause, combined with a pervasive, deeply entrenched laissez-faire approach to crime and violence. I’m scared. Scared about the future in your country. Sorry for having to tell you this.
Ja, ich bin auch entsetzt darüber.
Vermutlich gibt es keine einfachen Antworten auf Deine Fragen.
Ich glaube nicht, dass die Menschen gewaltbereiter geworden sind.
Was die Medien ageht, ist es wohl eher so, dass es uns mehr erscheint als früher. Vor der Erfindung des Telegrafen und der Erfindung des Buch-/Zeitungsdruckes haben die Menschen garnich oder erst sehr viel später mitbekommen, was in den Orten, Ländern und auf den Kontinenten um sie herum so passiert.
Heute sind wir so gut vernetzt, dass wir teilweise schon von einem globalen dorf sprechen. Es wird viel mehr kommuniziert. Dadurch erscheint es zwangsläufig so, als ob die Gewalt zugenommen hätte. Ich glaube, sie wurde in der Vergangenheit einfach nicht so wahr genommen und teilweise war das sicher gut so.
Heute habe ich den Eindruck, dass berichte über Mord, Totschlag und Vergewaltigungen den Medien eine gute Quote bescheren und deshalb immer häufiger publiziert werden. Der Gesellschaft schein das aber nicht gut zu bekommen. Denn wer nahezu täglich mit solchen Themen konfrontiert wird, stumpft entweder ab oder wird Wahnsinnig. Für manche Kinder (und Erwachsene) ist soetwas dann nur noch Unterhaltung. Es gibt Menschen die dann mit dem Smartphone drauf halten um selbt solche Nachrichten in ihre Community liefern zu können. Andere Menschen haben bereits soviel von solchen Extremsituationen gelesen und gehört, dass sie anfangen nachzudenken, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten sollen. Wenn es dann soweit ist, stehen sie wie gelähmt daneben.
Mir würde es vermutlich so gehen, wie Dir in der U-Bahn.
Diskutiert wird gerade auch die Frage, ob die zunehmende öffentliche Berichterstattung potenzielle Täter zu Gewalttaten ermutigt. Ich glaube, dass das nur auf wenige narzistische (selbstverliebte) Gewalttäter zutrift. Den meisten anderen gewaltbereiten Menschen dürfte die Öffentlichkeit egal oder sogar eher unangenehm sein.
Ich wünche Dir (und auch mir 😉 ) ein gewaltfreies Leben.
Gewalt gab es schon immer, es wird nur mehr darüber geschrieben.
Denk nur an die letzten, sagen Wir 400 Jahre. Gerade hier in diesem Land.
Immer Krieg, 30-jähriger, Spanischer Erbfolgekrieg, Koalitionskriege, erster und zweiter.
Am gnadenlosesten natürlich der zweite WK.
Leute werden um 5 Uhr morgens staatlicherseits aus dem Haus verschleppt, oder vom Himmel fiel Tod und Verderben.
Aber auch sonst, wie oft zogen z.B. französische Heere durch die Lande, die Bevölkerung dementsprechend malträtierend.
Nee, die Welt war schon immer Scheiße.
Believe me.
Klar ist es in letzter Zeit härter geworden, aber auch damals, 70er, 80er, gab es z.B. heftigste Bierzeltschlägereien, welche inzwischen sogar nachgelassen haben.
Henry Miller sagte in seinem letzten Interview, mit über 80, die Welt ist die Hölle.
Ich glaube manchmal, er hat recht.
Das hätte übrigens kein Rechtspopulist besser schreiben können. Ihre Gefühle in allen Ehren, aber vielleicht beschäftigen Sie sich mal mit Statistik. Sie (und ich) leben in dem friedlichsten Menschheitsquartal seit Beginn schriftlicher Aufzeichnungen (für Westeuropa).
Was die unterschwellige Panik vieler Leute erklärt (rechts wie links) – ohne einschlägige Gewalterfahrung aufgewachsen sieht jede Gewalttat, über die Medien heute weltweit verbreitet, aus wie die Apokalypse. Ich vollziehe das intellektuell nach, verstehe es aber nicht wirklich. Es erklärt allerdings einiges an aktueller politischer Entwicklung. Denn in einem sind sich intersektionelle, antirassistische Feministinnen mit Donald Trump völlig einig – alles geht den Bach runter. Nur über die korrekte Identifikation des Baches gibt es Streit.
Gruss,
Thorsten Haupts
I am neither left nor right. Donald Trump is an offense to any reasonable person, and „intersektionelle, antirassistische Feministinnen“ usually as well. So much for that.
Es geht überhaupt nicht um Apokalypse. Der Hass, der das Brexit-Referendum begleitet hat, ist etwas neues für Britannien. Nie hat ein Amokläufer in America so viele Menschen erschossen wie in Orlando. Das braucht man nicht mit Statistiken relativieren. Like it or not, forget your statistics: das Klima wird rauher, brutaler. Nazis und Islamisten schüchtern Menschen massiv ein. Das ist eine neue Qualität.
Der coole Männerrechtler nimmt das alles nicht ernst, relativiert alles, das Mittelalter war schlimmer. Ja natürlich.
Nur – das hilft nicht weiter. Selbst wenn Sie persönlich das alles ganz easy finden: viele, sehr viele Menschen finden das nicht ganz easy, sondern es macht ihnen Angst. Darüber cool hinwegzusehen, ist fahrlässig. Excuse me, das ist genau das Verhalten der politischen Klasse. Vielleicht gehören Sie zu ihr. Vielleicht auch nicht. Aber in der Ignoranz gegenüber diesen Entwicklungen sind Sie der politischen Klasse zum Verwechseln ähnlich.
Yep, danke für die Bestätigung einer These, die ich schon lange vertrete – wir steuern erkennbar auf eine politische Landschaft zu, in der Gefühle wichtiger werden, als Argumente oder Zahlen. Armes Europa, aber nicht mehr allzulange mein Problem.
Weshalb ich für die Antwort danke und die Diskussion dann auch abbreche – „gefühlte Bedrohung“ ist in-diskutabel.
Ihre ad hominems gnädig gesnippt, Sie sind halt noch ein halber Teenager.
Gruss,
Thorsten Haupts
Über die Schlussfolgerungen des Originaltextes ist zu diskutieren, aber wieso die Erfahrungen von Menschen als Panikmache und Ideologie abtun? Wer als Mensch Gewalterfahrungen macht, wird 1. Rachgefühle haben und 2. sich überlegen, wie sich zu schützen ist.
Feuerwaffen sind als Selbstverteidigung ungeeignet, es sei denn ich bin sehr gut ausgebildet und dann würde ich argumentieren, „hätteste die ganze Mühe mal lieber in Krav Maga gesteckt“.
Das „white privilege“ Argument finde ich auch etwas problematisch – in der Regel geht es doch bei der Debatte gerade um die Klientel der NRA, die ihre Knarren behalten wollen, weil sie’s halt geil findet, rumzuballern (nachvollziehbar). Diese Leute kommen nicht aus der Unterschicht und erst recht keiner ethnischen Minderheit.
Gerade in einem Video von Bill Maher gesehen: „just admit they’re a vice. Like drugs or alcohol or anything else, and that you don’t care that some people are going to get killed. […] If you say some people are going to get killed or hurt by drugs, I would say .“
Frage mich ernsthaft, auf, oder besser, in welcher Welt Ihr lebt.
Schon mal die Bibel gelesen ?
Der Mensch ist per se Gewalttätig.
Es ist ein Grund für seinen Erfolg.
Er hat schon frühzeitig angefangen, sich bis zur letzten Konsequenz auszubreiten.
Neandertaler ??
Weg damit. Knüppel auf den Kopp.
Keltische Urbevölkerung in Britanien ?
Der Germane hat Sie zum größten Teil verdrängt/ausgerottet.
Urbevölkerung in Amerika ? Dito.
Leute…………seufz.
Der Mensch ist das grausamste Tier hier auf diesem Planeten.
Ich kann dieses ewige Betroffenheitsgetue nicht mehr ab.
Schau Dir doch mal so eine vegane Ökomutti an, wenn es um Ihre Brut/Kinder geht.
Ha, das wird dann gleich die Keule geschwungen, da ist es dann vorbei mit der Empathie.
Hör mir uff.
Es heißt doch immer, der Mensch unterscheidet sich dadurch vom Tier, daß er sich im Spiegel selbst erkennt. Also ……bitte……schaut Euch an.