Cash is freedom

Finanzministerien und Innenministerien haben vieles gemeinsam. Sie sind unsympathisch. Die in ihnen arbeitenden Menschen auch, weil solche Arbeitsplätze bestimmte Typen von Menschen anziehen und bestimmte Charaktereigenschaften im Laufe der Zeit verstärken. Eigenschaften, die zwar ihre Berechtigung haben, aber wenn man sie überbetont, rasch unangenehm werden können. Zum Beispiel, alles kontrollieren zu wollen, die Menschen zu sehr regulieren zu wollen, die Sucht alles Unberechenbare, leicht Anarchische im Leben beseitigen zu wollen. Damit unterstelle ich ihnen nicht, dass sie dies aus bösen Motiven tun. Sie wollen nur unser Bestes. Aber ich finde, sie sollten es nicht bekommen.

Jetzt wollen sie das Bargeld abschaffen, oder zumindest seine Verwendung immer weiter einschränken. Den €500-Schein abschaffen. Bargeld-Bezahlungen auf €5000 limitieren. Und so weiter. Natürlich kamen solche Vorschläge zuerst aus Schweden, diesem Inbegriff des Überwachungsstaats aus moralischen Motiven. Ihre Nachbarn in Dänemark fangen schon mal man: dort will die Notenbank demnächst keine neuen Banknoten mehr drucken. Natürlich kommt die Finanzindustrie mit solchen Vorschlägen. Wer denn sonst. An jeder elektronischen Transaktion verdienen sie, an cash nicht.

Natürlich haben sie edle Motive. Geldwäsche wirksam bekämpfen, Terrorismus bekämpfen, bis hin zu solch absurden Ideen wie dem Kampf gegen ansteckende Infektionen. Bargeld ist doch ein Bakterienträger.

Wenig überraschend, dass die härtesten Kritiker dieser Ideen kommen aus der wirtschaftsliberalen Ecke, nicht von links. Bargeld ist geprägte Freiheit, sagen sie mit Dostojewski, und sie haben recht. Der Kampf gegen das Bargeld setzt am falschen Ende an: Das Problem sind nicht die Kriminellen, sondern die Feinde von Freiheit und Vermögen – und die sitzen in den Finanzministerien und Staatsbanken.so kommentiert die FAZ, und beschreibt was dann ohne weiteres möglich werden kann:

Beim Feldzug gegen das Bargeld geht es um mehr als das Bezahlen. Ginge es nur darum, könnte man die Leute einfach selbst entscheiden lassen, wie sie künftig zahlen wollen. Es geht um das Ende von Privatheit und selbstbestimmter Entscheidung, um Lenkung von Verhalten und um den Zugriff auf das Vermögen. Der Bevormundung des Bürgers wäre in einer solchen Welt keine Grenze gesetzt, Geld wäre kein privates Eigentum mehr. Der Übergewichtige könnte mit seiner Karte auf einmal die Kalorienbombe nicht mehr zahlen, der Alkoholiker sich die Weinflasche nicht mehr besorgen, und am „Veggie Day“ dürfte man mit seinem Smartphone kein Fleisch mehr kaufen. Der Zugriff des Fiskus auf das Konto des Bürgers wäre selbstverständlich. Und in totalitären Staaten gäbe es kein Entrinnen vor Überwachung und Unterdrückung.

Hilfe! Hinzufügen möchte ich noch: vor Negativzinsen gäbe es auch kein Entrinnen mehr. Papiergeld ist das entscheidende Hindernis, die Zentralbank-Zinsen weiter zu senken. Seine Beseitigung wäre eine sehr einfache und elegante Lösung für dieses Problem, sagt unverblümt Harvard-Professor Kenneth Rogoff, ex-Chefökonom des IWF. Sie klauen dir dein Geld vollautomatisch, einfach so. Es wird einfach immer weniger wert.

Verglichen mit all den aufgeregten Diskussionen um Google und Facebook wäre die Abschaffung des Bargelds ein weitaus schlimmerer Schritt in den Überwachungsstaat. Ich wundere mich, warum der Aufschrei sich auf einige meist konservative Wirtschaftsredakteure beschränkt.

Ich ziehe schon mal Konsequenzen: ab jetzt bezahle ich wieder mehr cash und weniger Karte. Auch wenn es unpraktisch ist. Für die Freiheit.

bgmoney

I want cash, not your credit card

Über sunflower22a

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9 Antworten zu Cash is freedom

  1. Indica schreibt:

    Ich schätze Ihre durchdachten wirtschaftspolitischen Betrachtungen sehr.

    Der Rest ist auch schick und macht Spaß, aber ich mag das, Dinge, von denen ich nicht sofort selbst so viel weiß, so auf den Punkt gebracht zu lesen.

  2. dermultiplepapa schreibt:

    Ich kann mich Indica nur vollumfänglich anschließen.

    Ein Aspekt, der in dem Artikel noch nicht so zum Tragen kam, ist der Handel unter Privatleuten, meist sind es dort gebrauchte Dinge vom Flohmarkt bis zum Gebrauchtwagen. Der Staat, die Finanzdienstleister usw. wollen natürlich auch daran mitverdienen. Das gilt auch mit für die 5000-€-Obergrenze.

  3. kalypso schreibt:

    der ansatz ist prima – mehr cash statt karte!
    werde ich in zukunft vermehrt durchziehen – heißt auch wieder mehr planen und voraus denken…..anstatt nur bewusstlos das plastikteil zu zücken.
    aktives eingreifen –

    immer wieder spannend bei dir hier – danke!

    mein vater sagte schon vor gefühlten 30 jahren – man kann immer nur das ausgeben, was man im sack hat. oh – wie wahr! und bewahrt auch vor schulden……….denn die karte verführt – aber das ist ja auch so gewollt.

    mehr, mehr, mehr……………….und das sofort! 🙂

  4. Ronald.Z schreibt:

    Als ich kurz nach Einführung der HIV-Gesetze mal eine Weile arbeitslos war, habe ich mir angewöhnt konsequent alles bar zu bezahlen. Man hat die Ausgaben einfach besser im Griff. Und kann nur schlecht kontrolliert werden. Mach ich immer noch.
    Nur Bares ist Wahres.

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