Felicia Anna ist eine rumänische Sexarbeiterin aus Amsterdam, die mit absolut treffsicherer Argumentation für ihre eigenen Rechte und die ihrer Kolleginnen schreibt und kämpft. Immer wieder nimmt sie mit ihrem Blog „Behind the Red Light District“ die verlogene Doppelmoral der Politik und der Prostitutions-Gegner aufs Korn. „Blogging the truth about prostitution, human trafficking, pimps and politics” ist ihr Motto. Diesen Blog möchte ich heute empfehlen.
In ihrem neuen Beitrag fordert sie provokant ein Einstiegsprogramm für Sexarbeiterinnen, denn das würde viel mehr helfen gegen das Problem der Ausbeutung von Sexarbeiterinnen. Ausstiegsprogramme gebe es genug, vorgeblich um Zwangsprostitution und Menschenhandel zu bekämpfen. Aber diese Programme bringen nichts, sie könnten allenfalls helfen, wenn eine Sexarbeiterin bereits Opfer solcher Praktiken geworden ist.
Felicia fragt aber, warum eigentlich so viele Sexarbeiterinnen ausgebeutet werden? Aus ihrer Erfahrung weiß sie, dass die Ausbeutung von Sexarbeiterinnen durch sogenannte Menschenhändler weit verbreitet ist, aber dass Frauen gegen ihren Willen zur Prostitution gezwungen werden nicht oft vorkommt, allein schon weil das für die Menschenhändler einen viel höheren Aufwand verursachen würde als die Ausbeutung von Frauen, die Prostitution aus freien Stücken machen. Sexarbeiterinnen, die diesen Job anfangen, machen das in der Regel weil sie das Geld wollen. Felicia sagt, viele osteuropäische Frauen fragen sie, wie man in diesen Job einsteigt. 100fach höheres Einkommen als mit einem guten Job in Rumänien ist für viele ein überzeugendes Argument.
Aber wie geht das? Wie werde ich Sexarbeiterin, und das gar in einem fremden Land? Informationen sind spärlich, und da kommen die sogenannten Menschenhändler ins Spiel. Sie besorgen die Informationen, regeln den Papierkrieg, besorgen den Arbeitsplatz. Das ist alles illegal nach niederländischem Recht. Nach niederländischem Recht sind alle, die einer Sexarbeiterin helfen, ihren Job auszuüben, Menschenhändler – egal, ob die Sexarbeiterin Niederländerin oder Ausländerin ist. Mit solchen Definition nimmt das Problem des Menschenhandels natürlich per definitionem epidemische Ausmaße an. Es kann kaum verwundern, dass solche illegalen Dienstleistungen teuer bezahlt werden müssen, oft muss die Sexarbeiterin für diesen Service 50% des Einkommens abführen. Aber dann verbleibt immer noch viel Geld für sie, gemessen an den Verdienstmöglichkeiten im Osten.
Felicia fordert daher: legale, offene, nicht profitorientierte Beratung für alle, die in die Sexarbeit einsteigen wollen. Das sei das beste Mittel, die weitverbreitete Ausbeutung der Frauen zu beenden – und das beste Mittel gegen den illegalen Menschenhandel. Aber das bedeutet, Prostitution zu akzeptieren statt sie zu stigmatisieren und zu kriminalisieren. Genau das ist aber das Letzte, was diejenigen wollen, die vorgeben, den Sexarbeiterinnen – angeblich alles Menschenhandelsopfer – helfen zu wollen. Lesenswert und überzeugend.
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