Facebook ist schädlich. Facebook ist beliebt. Deswegen dürfen sie vieles, was man anderen nicht so geräuschlos durchgehen lassen würde. Datenkrake, die umfassendste Form des Big Brothers für kommerzielle Zwecke. Die NSA und ihr britischer Ableger GCHQ haben natürlich Zugriff auf all das, da können sie dementieren so viel sie wollen, ich glaube kein Wort davon. Aber das wisst ihr alle, das muss ich hier nicht nochmal bringen.
Facebook setzt auch in anderen Fragen neue Maßstäbe. Steuervermeidung. Nein, keine Steuerhinterziehung, sowas offen kriminelles wie die Kunden der HSBC. Alles ganz legal.
Der übrigens auch für Nicht-Amerikaner sehr lesenswerte Tax Justice Blog hat das recherchiert. Facebook meldet für 2014 Gewinne vor Steuern von immerhin 4.9 Milliarden Dollar, und wieviel Steuern wurden darauf gezahlt? Lächerliche $260 Millionen. Ein sagenhafter Steuersatz von 5.3 Prozent. Da werden Sie neidisch, was? Ich auch.
Noch galliger wird es, wenn man sich anschaut, wie dieser Steuersatz zustandekam. Der Normalsteuersatz ist 35%. Hätten sie in ganz großem Stil für gemeinnützige Zwecke gespendet und das alles von der Steuer abgesetzt, und wären dann bei 5.3% Steuersatz gelandet, ich hätte es noch verstanden. Der gemeinnützige Zweck, den sie von der Steuer absetzen konnten, war ganz einfach: sie haben nicht etwa an die Armen gespendet, sondern an die Reichen. Ihren ohnehin schon schwerreichen Vorständen haben sie noch mehr mit Millionensummen die Taschen gefüllt, und genau das ist steuerlich absetzbar.
Aktienoptionen heißt das Zauberwort. Vorstände erhalten das Recht, Aktien des Unternehmens zu einem bestimmten Fixpreis zu kaufen, unabhängig vom Marktkurs der Aktien. Kostet die Aktie $18 im Handel, und ich erhalte sie für $10 Fixpreis, schlage ich natürlich zu. Die Unternehmen kostet diese Schenkung eigentlich gar nichts, denn ohne diese Schenkungsaktion gäbe es diese Aktien gar nicht zu kaufen. Aber den Unternehmen bringt das viel: die Differenz von $8 wird von der Steuer abgesetzt. Es wird steuerlich so behandelt, als hätte das Unternehmen den Vorständen $8 in cash gezahlt. Zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte werden steuerlich gleich behandelt, mit fatalen Konsequenzen.
Ungefähr so wie wenn eine Airline leere Plätze in halbvollen Flugzeugen an ihre Mitarbeiter verschenken würde: dass diese Mitarbeiter dieses Geschenk als „geldwerten Vorteil“ versteuern müssen, erscheint logisch – aber dass die Airline dieses Geschenk zum Marktwert der Tickets als Betriebsausgabe absetzen kann, wäre im Grunde Betrug, denn diese Geschenke kosten sie nichts.
Neu ist das alles nicht, es ist eine weitverbreitete Praxis. Citizens for Tax Justice hat das aufgelistet: sagenhafte 27 Milliarden Dollar Steuern haben die Fortune 500-Unternehmen in den letzten Jahren so gespart. Aber facebook setzt neue Maßstäbe. Bisher war der Steuervermeidungs-Rekord mit diesem Modell 1.1 Milliarden Dollar in einem Jahr, Apple hat diese Leistung vollbracht.
Alle Versuche, die Steuergesetze so zu ändern, dass diese Tricks aufhören, sind im US-Kongress gescheitert. Big money controls everything. Big money makes laws for big money.
So etwas ähnliches wie Citizens for Tax Justice gibt es in Deutschland gar nicht. Tax Justice is not an issue in Germany. Progressives here talk about anything, but there are clearly defined red lines: redistribution. Umverteilung. Das kommt nicht in Frage. Sie diskutieren mit Inbrunst über die deutschen Gutmenschenthemen, über ihre germanischen Befindlichkeiten zwischen Pegida und Je suis Charlie, zwischen genderkorrekten Plakatwänden und Veggie Days. Alles wunderbar politisch korrekt.
It’s the economy, stupid.
Clintons Wahlkampfleiter James Carville hat es anders gemeint, aber er hat recht. Solange der Merkel-Mehltau verhindert, dass es in diesem selbstzufriedenen Land mehr Druck für Umverteilung gibt, werden die Reichen reicher und der Rest ärmer. Aber politisch ganz korrekt, demnächst mit Frauenquote und sicher bald auch mit Homosexuellen- und Migrantenquoten in den Vorständen. Die sollen auch mal eine Chance haben.
Na meine Liebste, das haben wir doch wieder toll hingekriegt mit unseren Aktienoptionen 🙂
Bei uns braucht es nicht unbedingt Aktienoptionen. Mit dem IKEA-Steuervermeidungssystem „Entdecke die Möglichkeiten“ gelingt es spielend und völlig legal, durch Aufspaltung des Konzerns in zahllose Tochter-, Lizenz- und Holdinggesellschaften, den Konzerngewinn von 2 572 436 000 Euro auf 48.000,00 Euro zu drücken, das ist ein Steuersatz von kümmerlichen 0,001865935 Prozent.
Diese Konzernstrategen sind den Schäubles und Junkers, die aber nur staunend zuschauen (wenn sie überhaupt zuschauen), hoffnungslos überlegen.
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