Australiens Premierministerin Julia Gillard hat Imageproblem. Irgendwie will ihr nicht mehr so viel gelingen, sie steht in der Kritik. Ausgerechnet die große alte Dame des australischen Feminismus, Germaine Greer, gab ihr jetzt im Fernsehen einen Ratschlag, der alle Tabus des traditionellen Feminismus brach: Sie solle sich doch endlich mal anders anziehen, und zwar femininer! Alle Achtung! Sie leiste doch gute Arbeit, aber diese schrecklichen zu engen Jackets würden sie unansehnlich machen, sie seien zu eng, und dann wörtlich: „Julia, du hast einen großen Arsch, akzeptiere es einfach!“ Die Öffentlichkeit war empört, und sie wurde aufgefordert, sich zu entschuldigen, und bei der nächsten Sendung legte sie noch nach. Es gehe auch nicht um andere Jackets, sondern um gar keine, warum keine femininere Kleidung? Wie bitte, eine Premierministerin ohne Jackets?
Jane Goodall hat dazu ein wirklich lesenswertes Essay geschrieben, ein Vorabdruck aus dem Buch „Women and Power“. Männer müssen in der Kultur des Westens Jackets tragen, das ist ein betonierter Zwang, an dem sie eigentlich selbst schuld sind. Irgendwie ja auch bequem, im Prinzip immer dasselbe tragen, dann musst du nicht nachdenken was du anziehst. Frauen fühlen sich verpflichtet, den männlichen Power-Stil zu kopieren, um ernst genommen zu werden. Seit der gesellschaftlich-kulturelle Konservatismus in den 1980er Jahren immer mehr Oberwasser bekam, wurde das Erscheinungsbild von Frauen in der Öffentlichkeit auch konservativer, jedenfalls wenn sie Karriere machten. Schau dir Frauen an wie Maggie Thatcher, Angela Merkel, Hillary Clinton, Christine Lagarde, oder all die seit neuestem vorkommenden Top-Managerinnen – sie laufen rum wie schlechte Kopien der Männer. Jackets betonen die Sachlichkeit, den oberen Teil des Körpers, den Kopf – ernstzunehmender Mensch. „Dress for Success“, so hieß 1975 ein Buch mit dem Frauen nahegelegt wurde, wie sich anzuziehen haben, wenn sie erfolgreich sein wollen – und der Autor war ein Mann, John T Molloy.
Außerhalb der anglo-europäischen Kultur sind Frauen diesbezüglich viel unabhängiger. Da staunt die anglo-europäische Traditionsfeministin ab, die glaubt „Der beste Ort, die beste Zeit in der Menschheitsgeschichte, eine Frau zu sein: der Westen anno 2013“. Benazir Bhutto, Aung San Suu Kyi, ja sogar Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner sind schön. Schöne Frauen können mächtige Frauen sein, natürlich nicht nur wegen ihrer Schönheit, aber sie müssen keine Kopie der Männer sein – selbst in Macholändern.
Frauen, die Karriere machen, haben immer Angst davor, die – männliche und weibliche – Öffentlichkeit könnten an ihrer Kompetenz zweifeln. Schönheit und Eleganz verstärken dieses Risiko noch. (Wahrscheinlich ist Merkel deshalb das genaue Gegenteil von schön und elegant) Germaine Greer hat wirklich recht – es wäre wohl eine gute Idee, mehr Selbstbewusstsein zu zeigen und diese Konventionen souverän zu ignorieren. Es ist Quatsch, so zu tun, als habe die öffentliche Wahrnehmung einer Frau, einer Politikerin, nichts mit ihrem Aussehen und ihrer Kleidung zu tun. Das wäre ja schlimm. Bei Merkel passt alles, sie zieht sich so langweilig an wie sie ist. Wenn Julia Gillard sich nicht so anzieht wie sie ist, dann sollte sie es ändern…es wirkt bestimmt überzeugender. Eine Premierministerin im eleganten Kleid, mit High Heels, viel Schmuck, lackierten Fingernägeln, großen Ohrringen, Lippenstift, mit Sex-Appeal – das wäre doch was. Und dann noch moderne lustbetonte feministische Politik dazu, wow.
Aung San Suu Kyi und Benazir Bhutto – wirklich schöne Politikerinnen
Cristina Kirchner kommt auch ohne Jacket aus
Julia Gillard – Jacket zu eng?
Frau Lagarde, Sie sehen aus wie ein Mann
Könnte eine Premierministerin nicht auch so aussehen?
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